Freitag, 11. November 2011

Das unrühmliche Ende der Rheinkultur

Ruhe in Frieden, Rheinkultur?
Ein gekürzter Auszug aus der Pressemitteilung des Veranstalters (auch als PDF vorhanden) zu den Gründen dafür, dass 2012 keine RhEINKULTUR stattfindet:
Ein wichtiger Grund ist die ständige Frustration über den von uns empfundenen Status der Veranstaltung. Zwar präsen­tiert man sich gerne mit der Veranstaltung, konkrete Handlungen und Verbesserungen sind hingegen äußerst rar gesät. Wir sehen ein grund­sätzliches Missverhältnis in der Aufteilung der Zuschüsse, das jedoch Bände in Bezug auf die tat­sächliche Wertschätzung spricht – vor allem im Hinblick auf die großen Festi­vals der Stadt.

Darüber hinaus existiert eine kontinuierliche Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen in Bonn stattfindenden Groß­veranstaltungen. Wir waren gerne bereit, Vorreiter in vielen Bereichen zu sein. Merkt man jedoch, dass darüber hinaus mit zweierlei Maß gemessen wird, und wir die einzigen bleiben, führt dies zu Unzufriedenheit und Frustration.

Der Anstieg an alkoholisierten und aggressiven Jugendlichen und deren Verhalten bei Anreise und auf dem Gelände stehen im krassen Gegensatz zu unserer Motivation und der Grundidee des Festivals.
Da geht also ein Festival mit einer fast 30-jährigen Tradition vor die Hunde, das hunderttausende Jugendlicher anlockt und dessen Besuch sich auch diejenigen leisten können, die keine 100 Euro für ein Festival zur Verfügung haben (man denke etwa an Hartz IV). 2011 hat die Stadt Bonn die Veranstaltung mit 80.000 EUR (umgerechnet rund 60 Cent pro Benutzer) unterstützt. Ein Betrag, der sich vermutlich schon durch den Fahrscheinenverkauf der Stadtwerke amortisiert hat.

Man sollte dies vor dem Hintergrund sehen, dass der Bonner Stadtrat seit mehreren Jahren den Neubau eines Festspielhauses diskutiert, der 80 bis 100 Millionen Euro kosten soll und bei dem Schätzungen zufolge mit einem Betriebskostenzuschuss von bis zu fünf Millionen Euro jährlich zu rechnen ist.

Martin Nötzel, einer der Rheinkultur-Gesellschafter bringt es auf den Punkt:
50 Millionen Euro gibt Bonn pro Jahr für die Kultur aus. 95 Prozent landen in Veranstaltungen, die gerademal fünf Prozent der Bonner interessieren.
Dem Stadtrat genügt es nicht, dass die bislang letzte Bauruine (das WCCB) noch nicht bezahlt ist und der Stadt bereits jetzt ein Nothaushalt droht. Stattdessen hebt er nun mit dem Festspielhaus ein weiters Millionengrab aus. Und dies nicht irgendwo, sondern in der Rheinaue; dort, wo bislang die Rheinkultur stattfand.

Über das Festival soll am Mittwoch im Kulturausschuss diskutiert werden; die Initiatoren der Facebook-Einladung R(H)EINKULTUR 2012 - Wir feiern trotz allem gemeinsam und friedlich“, der bisher fast 11.000 Menschen beigetreten sind, wollen sich am Mittwochabend am Stadthaus treffen, um »ein Zeichen zu setzen«.

Sitzung des Kulturausschusses am 2011-11-16: Hier der Text des Dringlichkeitsantrags:
Der Kulturausschuss räumt den Veranstaltern der R(h)einkultur die Möglichkeit ein, im Rahmen des Kulturausschusses ihre Gründe für das Ende des Festivals darzulegen. Die Verwaltung wird um Stellungnahme gebeten, wie sie diesen Sachverhalt aus ihrer Sicht bewertet. Zudem hat sie zu den von den Veranstaltern erhobenen Vorwürfen einer „Ungleichbehandlung“ eine Stellungnahme abzugeben.
Medienberichte
Bonner Generalanzeiger, 2011-11-09
Bonn ohne R(h)einkultur. Es gilt als das größte Umsonst & Draußen-Festival Europas. Am Mittwochmorgen erklären die Geschäftsführer Holger Jan Schmidt und Sabine Funk das Ende der Rheinkultur …
DerWesten, 2011-11-09
Rheinkultur Festival 2012 abgesagt. Das kostenlose Festival Rheinkultur in den Bonner Rhein­auen ist für das Jahr 2012 abgesagt worden. Die Veranstalter des zwischenzeitlich in Turbu­lenzen geratenen Musikspektakels betonen, dass dieser Schritt nicht aus finanziellen Gründen erfolgt ist …
koeln.de, 2011-11-09
Rheinkultur für 2012 abgesagt. Zum Bedauern eingefleischter Kölner und Bonner Festival-Fans wird 2012 keine Rheinkultur stattfinden, auch die Zukunft des Festivals ist ungewiss … Als Gründe für das plötzliche Aus werden die Stadt Bonn sowie alkoholisierte und aggressive Jugendliche genannt …
Rap.de, 2011-11-09
Rheinkultur, Absage, Unterstützung, Haftbefehl, Finanzen. Die Veranstalter des beliebten Umsonst & Draußen-Festivals Rheinkultur haben auf ihrer Internetseite bekannt gegeben, dass nächstes Jahr keine solche Veranstaltung stattfinden wird. Die gute Nachricht an der schlechten ist: Rap ist daran nicht schuld …
Rhein-Zeitung Neuwied, 2011-11-09
Aus fürs Open-Air: Die Bonner Rheinkultur gibt es nicht mehr. Ein herber Schlag für alle Musik­fans: Europas größtes eintrittsfreies Open-Air-Festival ist Geschichte, 2012 wird es keine 30. Rheinkultur geben …
scharf links (linke Online-Zeitung), 2011-11-09
»Rheinkultur«-Aus ist ein schwerer Verlust für Nordrhein-Westfalen. »Der Verlust eines Festivals, das jährlich fast 200.000 Besucher angelockt hat, ist ein schwerer Verlust für die kulturelle Landschaft Bonns und ganz Nordrhein-Westfalens«, erklärt Ralf Michalowsky, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Landtag NRW …
Bonner Generalanzeiger, 2011-11-10
Geschäftsführer und Gesellschafter geben Rheinkultur auf. Eine Stimmung wie auf der Beerdigung. Als Holger Jan Schmidt mit seiner Geschäftspartnerin Sabine Funk und den Gesellschaftern Mittwochmorgen die Tür zum Konferenzraum im Parkrestaurant Rheinaue öffnen, sieht man ihnen schon an, dass es schlechte Nachrichten geben wird …
Express (Bonn), 2011-11-10
Aus für die Bonner RhEINKULTUR. Der Schock stand allen ins Gesicht geschrieben, als Holger Jan Schmidt um 10.08 Uhr im Parkrestaurant RheinAue verkündete: »Die Gesellschafter der RhEINKULTUR haben entschieden, dass es 2012 keine 30. Rheinkultur geben wird. Eine Zukunft für das Festival darüber hinaus ist ebenfalls ungewiss.« …
Kultur-in-Bonn.de, 2011-11-10
Absage mit Ansage. Das Aus der Rheinkultur kommt für viele überraschend. Dabei war es absehbar – und Bonn verliert ein weiteres kulturelles Aushängeschild …
Welt online, 2011-11-10
Open-Air-Spektakel vor dem Aus. Veranstalter der Rheinkultur beklagen sich über Stadt und Zuschauer-Randale. Nur ein neuer Großsponsor könnte das Festival in den Rheinauen noch retten …
Bonner Generalanzeiger, 2011-11-11
Rheinkultur: »Status quo reicht nicht«. »Mit dem Status quo können wir nicht weitermachen«, bekräftigte am Donnerstag Rheinkultur-Geschäftsführer Holger Jan Schmidt. Das Angebot von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, die Stadt Bonn stehe zu ihren bisherigen Leistungen, bringe daher nichts …
Bonner Generalanzeiger, 2011-11-11
Die Geschichte der Rheinkultur. Etwa 4 000 Besucher kamen zum ersten Rheinkultur-Festival am 2. Juli 1983 … »Es war eine Talentbörse. Es gab viel zu entdecken, und Plattenfirmen nutzten das immer«, so [Volkmar] Kramarz
Bonner Generalanzeiger, 2011-11-11
GA-Leser wollen R(h)einkultur mit kreativen Ideen retten. Weniger Bühnen, besserer Getränke­ausschank, Eintritt und Anwohnerschutz: Die Vorschläge der GA-Leser zum Erhalt der Rhein­kultur sind vielfältig. In den Kommentaren auf www.ga-bonn.de herrschen Bedauern und Enttäuschung über die Entscheidung vor, die Veranstaltung nach 29 Jahren zu beenden …
Kölner Stadt-Anzeiger, 2011-11-11
Das Ende einer großartigen Idee. Die „Rheinkultur“ war das größte Umsonst-Festival Europas. Damit ist es für 2012 vorbei - 2013 ist ungeklärt. Randalierer haben dem Popevent den Ruf gekostet - und die Stadt Bonn hat das Interesse verloren …
Musikmarkt, 2011-11-11
»Rheinkultur«-Festival 2012 abgesagt. Die Gesellschafter der »Rheinkultur« haben sich dazu entschieden, dass 2012 die 30. Ausgabe des »Rheinkultur«-Festivals nicht stattfinden wird. Ob das Open-Air darüber hinaus eine Zukunft hat, ist ebenfalls ungewiss …
Rhein-Zeitung Neuwied, 2011-11-11
Nach der Absage: Fans wollen "kleine" Rheinkultur auf die Beine stellen. Nachdem die Veran­stalter der Bonner „R(h)einkultur“ Europas größtes Umsonst-und-draußen-Festival für 2012 ab­gesagt haben, hat sich eine Alternativ-Bewegung gebildet …
Die Vorlage zu obigem Bild stammt aus der Wikipedia; Bild wie Vorlage stehen unter CC-BY-SA-3.0-DE.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen