Freitag, 28. Oktober 2011

Löschen statt sperren

tagesschau.de berichtet unter der Überschrift »Neue Richtlinie der EU – Löschpflicht für Websites mit Kinderpornografie« von einer neuen EU-Richtlinie, die unter anderem das Löschen zum Mittel der Wahl für die Bekämpfung von Kinderpornographie im Netz erklärt.

Augenscheinlich hat sich die  Sinnlosigkeit des Sperrens mittlerweile bis nach Brüssel herumgesprochen. Am Ende gleitet der Beitrag übrigens ins Lächerliche ab. Da hört man Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagen:
Sperren sind kein Mittel und leicht umgehbar, das kann man sich aus dem Internet als Anleitung herunterladen. Der wirkliche Schutz ist nur darin zu finden, dass diese fürchterlichen kinderpornografischen Inhalte aus dem Netz verschwinden.
Gleich im Anschluss heißt es dann im Bericht (nun nicht mehr O-Ton Leutheusser-Schnarrenberger):
Allerdings: Die Möglichkeit des Sperrens besteht weiterhin, und zwar als Übergangslösung. Denn oft werden kinderpornografische Seiten auf Servern im nicht-europäischen Ausland online gestellt. Da kommt es dann darauf an, wie kooperativ sich die dortigen Behörden zeigen. Es kann schon mal mehrere Wochen dauern, bis Bilder oder Filme von misshandelten Kindern gelöscht werden.
Gänzlich nach Absurdistan versetzt fühlt man sich allerdings, wenn Cecilia Malmström
And every time it is viewed it does repeat the violation – over and over again. (Und jedes mal, wenn es betrachtet wird, wird der Missbrauch wiederholt. Immer und immer wieder.)
sagt und dann die Übersetzung so lautet:
Jedes Mal, wenn jemand solche Bilder anklickt und betrachtet wird das Opfer wieder missbraucht. Immer und immer und immer wieder.
Das ist in meinen Augen schon eine reichlich freie Übersetzung. Wie dem auch immer sei, halte ich die gemachte Aussage an sich für extrem problematisch.

Es ist gefährlich, das Betrachten derartiger  Aufzeichnungen und das Herstellen derselben gleichzusetzen, da man damit den Sinn und Zweck der Strafandrohung untergräbt. Es steht zu befürchten, dass es zu mehr realem Missbrauch kommt, wenn es für das Strafmaß keinen Unterschied macht, ob es sich um realem und imaginärem Missbrauch handelt. Völlig unabhängig davon, wie stark der Missbrauch an sich bestraft wird, ist es unerlässlich, dass der reale Missbrauch stärker bestraft wird, als der imaginäre.

Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung hat ein unterschiedliches Strafmaß für unterschiedlich schwere Straftaten nicht nur etwas mit Gerechtigkeit zu tun, sondern auch damit, dass bei einer fehlenden Abstufung die Hemmschwelle für den Übergang zu schwererer Kriminalität wesentlich geringer ist und was leicht das Gegenteil von dem erreicht, was man beabsichtigt.

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