Freitag, 20. Juli 2012

Bürgerbeteiligung vor Ort

Im Blog von Hans Immanuel Herbers habe ich den Artikel Initiative »unsere Freie Stadt« gefunden, der eine sehr interessanten Idee darstellt, wie sich die Piraten unabhängig von der Arbeit in Gremien in die Kommunalpolitik einbringen können. Seine Idee ist, mit Bürgern zusammen nach unnötigen oder vermeidbaren Verboten, Reglementier- und Gängelungen Ausschau zu halten und zu versuchen, gegen diese vorzugehen. Es ist ihm allerdings augenscheinlich selbst nicht klar, welches Potential seine Idee hat. Um dieses zu verdeutlichen, erlaube ich mir ein klein wenig auszuholen.

Wir haben in Deutschland eine Vielzahl von Verboten und sonstigen Regulierungen. Dabei gibt es Regeln, die
  • offensichtlich sinnvoll sind,
  • solche, deren Sinn sich erst bei Kenntnis der Hintergründe erschließt,
  • solche, die gut gemeint aber schlecht umgesetzt sind und beispielsweise kontraproduktiv sind oder über das Ziel hinausschießen,
  • absolut unsinnige, die keinem nachvollziehbaren Zweck dienen,
und ich wette, ich habe noch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten übersehen. Im Artikel wird leider nur auf auf den letzten Fall eingegangen. Ich sehe allerdings auch bei den übrigen ein erhebliches Potential.

Manche Ärgernisse haben einen triftigen Grund, den die betroffenen Bürger auch einsehen würden – wenn, ja wenn sie ihn denn kennen würden.

Wenn die Piraten hier für die Bürger herausfinden, weshalb es die entsprechende Regelung gibt, und diese dann den Bürgern erläutern, hätte das eine ganze Reihe von positiven Auswirkungen:
  • Die Bürger verstehen, warum es die entsprechende Regelung gibt und haben nicht mehr das Gefühl, Opfer einer willkürlichen Entscheidung zu sein. Sie werden dann entweder die Regelung hinnehmen oder zumindest wissen, mit was für möglicherweise unangenehmen Folgen sie leben müssen, wenn die Regelung gekippt wird.
  • Die Verantwortlichen werden weniger mit Beschwerden wegen ärgerlichen Regelungen behelligt, die nicht zur Gängelung dienen sondern ein größeres Ärgernis vermeiden.
  • Die Verantwortlichen bei der Kommunalverwaltung erfahren (das ist jedenfalls meine Hoffnung) aus eigener Anschauung, dass das Anliegen der Transparenz in ihrem eigenen Interesse ist.
  • Für die Piraten bringt es Erfahrungen damit, dass nicht jede scheinbare Willkür tatsächlich eine solche ist und Einsichten darin, wer auf kommunaler Ebene für eine Frage zuständig ist und wer sich tatsächlich damit auskennt (was oft verschiedene Personen sind).
Die Beschäftigung mit gut gemeinten aber schlecht umgesetzten Regelungen aus ist ebenfalls wertvoll. Zunächst findet man hier heraus, was das Ziel der Regelung ist. Dann schaut man sich die Reglung an, versucht (idealerweise zusammen mit den Betroffenen und den Verantwortlichen) herauszufinden, warum sie nicht das bewirkt, was beabsichtigt ist und sammelt Vorschläge, wie sich das Ziel sinnvoll umsetzen lässt, um daraus letztendlich ein ganz konkretes politisches Ziel abzuleiten.

Auch die Beschäftigung mit Einwänden zu auf den ersten Blick sinnvollen Regelungen ist durchaus nicht unsinnig. Einerseits kann es sehr wohl sein, dass der erste Blick täuscht und man die Mängel einer Regelung nur bemerkt, wenn man ganz konkret von ihr betroffen ist. Andererseits kann eine Regelung zwar für die überwiegende Mehrheit offensichtliche Vorteile haben, für manche aber deutliche Nachteile. Hier stellt sich dann die Frage, ob sich ein Weg finden lässt, durch Ausnahme- oder Ausgleichsregelungen diese Nachteile zu beheben oder zumindest abzumildern.

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